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(Sylvia atricapilla)

Der wunderliche Sänger

Jeder hört den Frühlingsboten, aber nicht jeder kennt und erkennt ihn. Hinter der kraftvollen, jubilierenden Stimme, die mit ein paar halb erstickten Zwitschertönen ansetzt und alsbald ein fulminantes, dabei honigsüßes Forte entwickelt, verbirgt sich ein eher unscheinbar gefärbtes Vögelchen im dichten Gebüsch oder im Efeu der Mauer- und Hausberankung.

Foto: LBV-Archiv, D. Stahl


Knapp haussperlingsgroß und von schlanker Statur, ist die Mönchsgrasmücke vor allem nach der schwarzen Scheitelkappe des Männchens benannt. Das Weibchen trägt eine ziegel- bis weinrote Haube, seine Oberseite, die beim Partner lohbraun ist, fällt um eine Nuance ins Olivgrünliche. Beide Geschlechter tragen ein schlichtes hellgraues Bauchgefieder. Ihre mäßig langen Beine sind bestens geeignet, die Grasmücken mit kleinen Hüpfern durch dichtes Gezweig, ihren eigentlichen Lebensraum, zu tragen.

Das Wort „Grasmücke“ mag irreführend sein, wenn man dessen althochdeutsche Wurzeln nicht kennt. Weder hat der talentierte Sänger etwas mit Gras noch mit Mücken zu tun – außer natürlich, dass er kleine Insekten von den Ober- und Unterseiten der Blätter abliest. Vielmehr ist der Name eine Zusammenziehung und Glättung der Elemente „graw“ für „grau“ und „smiegan“ für „schlüp-fen“, „sich verstecken“, „sich drücken“ (ursprünglich eine weniger „anschmiegsame“ Bedeutung als im Neuhochdeutschen). Er nimmt somit auf einen kleinen Vogel von unscheinbarer Gefieder-färbung Bezug, der versteckt in dichter Vegetation lebt.

Lebensraum: Nachbar Mönchsgrasmücke

In der Natur hat die Mönchsgrasmücke klare Lebensraumansprüche in der Gestalt größerer, unterschiedlich hoher Gebüsche oder Hecken mit einzelnen Bäumen als Überhälter. Solche halbschattigen Biotope mit reicher Vertikal-Gliederung findet sie in Auwäldern, an Waldrändern, entlang von Waldwegen, am Rande von Bergschluchten und an der alpinen Baumgrenze, wobei sie gern Wassernähe aufsucht.

In Gärten wird ihr auf engem Raum ein nahezu perfektes Abbild all dieser Lebensraumstrukturen geboten, kein Wunder also, dass die Art mittlerweile in den Siedlungen so zugenommen hat. In engster Nachbarschaft des Menschen brüten die Mönchsgrasmücken in den Zaunhecken oder in der Fassadenberankung. Das kunstvoll aus Gräsern geflochtene Napfnest hängt in Knie- bis Kopfhöhe wie mit zwei Korbhenkeln in Ranken oder Zweige eingeflochten. Alles andere als mön-chisch, ziehen die Eltern in einem Sommer oft zwei, mitunter sogar drei Bruten groß.

Kurz vor dem Ausfliege-Alter machen die drei bis fünf Jungen durch laute, quietschend-schnal-zende Rufe auf sich aufmerksam, die wie „Tschak-ietsch-tschak!“ klingen und den meisten Vogel-freunden wohl nicht auf Anhieb vertraut sind. Einmal hatte ich im Tölzer Kurpark Gelegenheit, den Bettelrufen – die ich zuerst für die ähnlich klingenden Laute des Grauschnäppers hielt – zu einem Nest zu folgen. Hinter den fein geäderten, gezackten Schuppen der Efeublätter quollen drei fast flügge Grasmücklein förmlich aus ihrem zu klein gewordenen Nest. Sie blickten unter ihren blass-roten Käppchen, die bis zur Mauser noch keine Unterschiede zwischen Männchen und Weibchen erkennen ließen, aus großen, schmelzend schwarzen Augen in die Welt und sperrten ihre Schnä-bel mit den faltigen gelben Mundwinkelhäutchen auf. Dazwischen enthüllte sich ein leuchtend himbeerfarbener Rachen.
Plötzlich zitterte eine unmerkliche Bewegung durchs Efeulaub dicht an der Kurparkmauer. Mehr andeutungsweise wurde der rot gescheitelte Kopf des fütternden Weibchens hinter den Blättern sichtbar. Das schnellste Junge streckte sich aus dem Nestsitz vor, und ich hatte auch Gelegenheit, das enorm rasche Kopfschütteln zu beobachten, das kleine Mönchsgrasmücken bei der Fütterung ausführen. Kaum vorstellbar, wie die Eltern das Futter bei einer solchen Wackelbewegung sicher in den hungrigen Schlund platzieren können. Jedenfalls fütterte das Weibchen seine Jungen unbekümmert um den Trubel der gerade herrschenden Tölzer Rosen- und Gartentage. Ob die Familie mich bemerkt hatte?

Vorboten des Klimawandels? Vom Zugphänomen der Mönchsgrasmücke

Ihre hohe Anpassungsfähigkeit ist ein Grund für die derzeit gute Bestandssituation der Mönchs-grasmücken. Ein weiterer liegt in ihrem sich veränderten Zugverhalten: Reisten die Vögel im Herbst ursprünglich in den Mittelmeerraum und bis Westafrika, so überwintern sie in zunehmender Zahl auf den Britischen Inseln. Die große Zahl an fütternden Vogelfreunden erleichtert ihnen den dortigen Aufenthalt im wintermilden Klima nahe dem Golfstrom. Im Frühjahr sind die England-Zieher zeitiger da als die Rückkehrer aus dem Süden und besetzen die besten Brutplätze. Es ist möglich, dass auch die Klimaerwärmung die kürzeren Zugwege begünstigt.


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