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(Motacilla alba)

Foto: Thomas Hinsche, fotocommunity.de, fc-foto 10754608 *


Begegnung im Alten Rom

Es ist sicherlich einer unser bekanntesten Vögel: das schlanke, flink trippelnde Tierchen mit dem schwarz-weißen, an eine Nonnenhaube erinnernden Kopf, dem aschgrauen Rücken und dem langen, weiß gesäumten Schwanz, der die immerwährende Lebhaftigkeit im Gebahren der Bach-stelze aufzunehmen und für den nächsten Schnelllauf, den nächsten tänzelnden Flatterflug zu erhalten scheint wie einen Rest kinetischer Energie. Mit ihren huschenden Bewegungen zu Fuß und auf Schwingen jagt die Bachstelze auf unbewachsenen Flächen nach Fliegen. Ein ganzes Bündel wird im spitzen schwarzen Schnabel gesammelt, ehe der Elternvogel zu seinen wartenden Jungen fliegt.

Bei den Bachstelzen-Männchen ist die schwarze „Kapuze“ auf Hinterkopf und Nacken stärker aus-geprägt als bei den Weibchen, bei denen sie etwas schwächer und fleckiger ausfällt. Das gleiche gilt für den samtschwarzen Kehllatz. Hinter diesem hervor tönt ein rostig wetzendes „Zillipp! Zillipp!“, das der kleine Vogel auch im wellenförmigen Flug und als Warnruf vor dem Sperber aus-stößt.

Seinen plaudernden Zwitschergesang lässt das Männchen nur selten hören. An einem bewölkten Oktobertag in Rom, der mediterrane Wärme mit herbstlichen Windböen zu einem etwas gewöh-nungsbedürftigen Wetter-Cocktail mixte, erhielt ich eine Gesangesdarbietung auf dem Forum Romanum: Auf einer Steinplattform lief der Vogel, vielleicht ein Wintergast aus Mitteleuropa, ge-wichtig hin und her und zwitscherte dabei aus voller Kehle. Ein wenig erinnerte er mich an einen Touristen, der mit einem Song die legendäre Akustik eines antiken Amphitheaters erprobt.


Von der Flussbank aufs Industriegelände

Die Bachstelze müsste noch treffender „Kiesbankstelze“ heißen, denn auf den Schotterflächen der Flüsse liegt der eigentliche Lebensraum der „Wippschwänzchen“. Neben typischen Kiesbank-Insekten fanden sie ihre Nahrung mehrmals im Jahr in ganzen Bänken angeschwemmter Eintags-fliegen, die ihr sprichwörtlich kurzes Leben aufgebraucht hatten, dem so genannten „Ufer-Aas“. In ausgeschwemmten Böschungen bauten sie ihre Nester.

Flussverbauung machte Lebensraum und Nahrung der Bachstelzen selten. Doch im Gegensatz zu den stark bedrohten Kiesbrütern wie Flussregenpfeifer und Flussuferläufer wehrten die Bachstel-zen sich gegen den Bestandseinbruch, den der Verlust der Lebensgrundlagen hätte mit sich bringen können. Stattdessen stellten sie sich auf neue Möglichkeiten um – hatte der Mensch ihnen ihren Primär-Lebensraum weiträumig entzogen, so hatte er ihnen doch eine Vielzahl alternativer Möglichkeiten zur Verfügung gestellt. Diese Möglichkeiten nützt der Vogel so sehr, dass man ihn durchaus unter die Gebäuderbrüter I einstufen könnte.

Die ungeteerten Plätze vor Bauernhöfen, aber auch Kiesdächer und Industriebrachen ersetzten den Bachstelzen die Fliegenjagdgründe. Auch auf kurzgemähten Wiesen jagen sie nach Insekten. Auf Wassernähe sind sie nicht zwingend angewiesen, auch wenn dort nach wie vor ihre höchsten Bestandsdichten erreicht werden, wenn die anderen Lebensraum-Requisiten stimmen.

Freilich schaffen es nicht viele Vogelarten, sich so leicht mit veränderten Bedingungen zu arran-gieren und „Allerwelts-Vögel“ zu bleiben.

Foto: Dieter Goebel-Berggold, fotocommunity.de, fc-foto 4122584 *


Ein Halbhöhlenbrüter

Auch für die Nesthöhlen unter Wurzelballen und Böschungsüberhängen fanden die Bachstelzen Ersatz an den Bauten der Menschen. Heute bauen sie ihr Nest mit dem Außenbau aus langen, verwickelten Grashalmen und der Innenauskleidung aus feineren Halmen und Wurzelfasern, in das sie vier bis sechs zart gesprenkelte graue Eier legen, auf Stahlträgern unter Brücken sowie auf allerlei verwinkelten Balken, die in wettergeschützten Gebäudenischen Halt bieten. Die Distanz zum Boden ist dabei zweitrangig.

Wenn man an einen Pfettenbalken seitlich je ein größeres Brett nagelt, kann man am eigenen Haus eine Nistnische schaffen, die gern von einem Bachstelzenpaar genutzt wird. Auch Haus-rotschwanz und Grauschnäpper ziehen in solche einfach herzustellenden Quartiere ein.

Liegt das Haus in einer abwechslungsreichen Naturlandschaft, möglichst in Wassernähe, können die oft zwei Mal im Jahr brütenden Stelzen ihren Fürsorgetrieb unfreiwillig in fremde Dienste stellen: als Kuckucks-Wirte. Unter den Singvögeln, die vom „Vogel des Jahres 2008“ frequentiert werden, sind auch Bachstelzen, Rotschwänze und Grauschnäpper. Dabei legt das Kuckucks-weibchen seine Eier nicht wahllos in fremde Nester. Vielmehr ist jedes Individuum genetisch auf eine Wirtsart geprägt, wodurch auch das Ei in Farbe und Musterung denjenigen der Zieh-Eltern angepasst ist.


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